Kriegerdenkmal

Krieg 1870

info Krieg 1871

Geschichte
Der Tod Kaiser Wilhelms I. am 9. März 1888 und seines Sohnes und Nachfolgers Friedrich III. nur 99 Tage später - am 15. Juni - bot überall im Deutschen Reich Anlass, noch einmal der Reichsgründung und der ihr vorausgegangenen Kriege - insbesondere des siegreichen Feldzuges gegen Frankreich von 1870/71 - zu gedenken. Daraus erwuchs vielerorts der Wunsch, durch Denkmäler die Erinnerung an diese große Zeit der "Heldenkaiser" auch bei künftigen Generationen wach zu halten.

Bereits am 26. Juni fand zu diesem Zweck in Viersen eine Bürgerversammlung statt, auf der Bürgermeister Stern zum Vorsitzenden eines geschäftsführenden Komitees gewählt wurde (1). Die Mitbürger rief man zu Spenden auf und im August begann die Sammlung. Nach deren Abschluss hatten alle Kreise der Bevölkerung - vom Arbeiter bis zum wohlhabenden Fabrikanten - dazu beigetragen, dass die für die Errichtung des Denkmals veranschlagten 14.5000 Mark aufgebracht wurden.

Aus Kostengründen musste man auf ein künstlerisches, in Metall ausgeführtes Standbild oder auf einen Laufbrunnen verzichten und stattdessen mit einem Obelisken oder einer "gotischer Säule" vorlieb nehmen. Man neigte eher letzterer zu, da sie freundlicher wirken würde als die strenge Form eines Obelisken. Ein Mitglied des Komitees empfahl das Denkmal auf dem Drachenfels als Vorbild, das 1857 nach durch das gotische Hochkreuz zwischen Bonn und Godesberg angeregten Plänen des Kölner Dombaumeisters Zwirner errichtet und 1876 wiederhergestellt worden war. Daraufhin fuhr am 28. Oktober, einem Sonntag, ein engerer Ausschuss nach Königswinter, um das Drachenfelsdenkmal in Augenschein zu nehmen.

Im Dezember erhielt Joseph Kleesattel, Architekturlehrer an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule und zu dieser Zeit wohl schon mit den Plänen für die 1889/91 erbaute St.-Josef-Kirche in Viersen-Rintgen befasst, den Auftrag zur Errichtung des Denkmals. Kleesattel gilt als einer der bedeutendsten Architekten des späten Historismus im Rheinland (2). Bekannt ist vor allem die im letzten Krieg zerstörte neuromanische St.-Rochus-Kirche in Düsseldorf von 1894/97, in Viersen restaurierte er zudem 1895/97 den Westturm von St. Remigius (3).

Die Grundsteinlegung fand am Kaisergeburtstag, dem 27. Januar 1889, auf einem Platz an der Lindenstraße statt, den die Erben des Freiherrn von Diergardt der Stadt zu diesem Zwecke geschenkt hatten.(4). Der Viersener Meister Jacob Cuylen richtete den aus Basaltlava und Ruhrsandsteinplatten um einen Mauerwerkkern - sicher aus Backstein - bestehenden Bau auf. Den Sockel fertigte Wilhelm Schnitzler aus Viersen; die Steinmetz- und Bildhauerarbeiten kamen aus der Kunstwerkstätte der Gebrüder Schäffer & Walter in Berlin. Die schmiedeeiserne gotisierende Einfriedung von dem Viersener Kunstschlosser Wilhelm Kox (5). Enthüllt wurde das Werk am 20. Oktober des Jahres, dem auf den Geburtstag Friedrich III. folgenden Sonntag.

Beschreibung
Das Denkmal erhob sich auf einem vierstufigen Unterbau von fast 5 Metern im Quadrat; das im Grundriss ebenfalls quadratische Monument hatte eine größte Kantenlänge von etwa 2,30 Metern; die Höhe vom Boden bis zur Spitze betrug mehr als 14 Meter. Der Aufriss über dem Unterbau war dreigeschossig: Auf einem Untergeschoss, von dem wiederum ein Sockel abgeteilt war, stand das Hauptgeschoss, um etwa ein Drittel höher als jenes; darüber folgte ein bekrönender Turm, der allein fast ebenso hoch war wie Unter- und Hauptgeschoss zusammengenommen.

aus und mehr dazu unter http://www.viersen.de/C125704A0030C552/html/C96824692CFD20DDC12570660047DEC5?OpenDocument

Nächster Krieg

info Krieg 1914

Geschichte
Ein Kriegerdenkmal wird zur Erinnerung an gefallene Soldaten errichtet. Schon während des 1. Weltkrieges hatte der Viersener Unternehmer Otto Pongs eine Kriegsanleihe in Höhe von 15.000,00 Mark zum "Gedächtnis der gefallenen Söhne unserer Stadt" gestiftet, die jedoch nach Kriegsende durch die Inflation verloren ging. 1925 stellte er für den gleichen Zweck 10.000,00 Mark zur Verfügung. Weitere Vereine unterstützten das Vorhaben, u.a. durch Sammlungen in der Bürgerschaft. Vorbehalte aus der Bevölkerung, in sozialer Notlage das Geld besser für ein Kriegerheim oder die Errichtung eines Jugendheimes mit einer Jugendherberge für Kinder ehemaliger Krieger zur Verfügung zu stellen, blieben unberücksichtigt.

Am 23.11.1925 trat zum 1. Mal der "Denkmalausschuss" zusammen. Er setze sich zusammen aus 3 Vertretern der Stadtverordnetenversammlung (Herrn Dr. Hendricksen, Herrn Blankartz, Herrn Scholl), aus 3 Vertretern der militärischen Vereinigung Viersen sowie 2 Vertretern aus der Bürgerschaft (Herrn Pongs als Stifter und Architekt Esser). Der Ausschuss entschied sich, dem Wunsch des Stifters entsprechend, für einen Standort auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände gegen die Alternativen Neumarkt und Hoher Busch. In einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 1925 wird von einem Ideenwettbewerb zur "Erlangung künstlerischer Entwürfe" berichtet. Ob dieser durchgeführt worden bzw. wie es zur Auftragsvergabe an Fritz Behn gekommen ist, ist nicht mehr nachvollziehbar.

Die Grundsteinlegung fand am 09. Mai 1926, dem ersten Sonntag nach Abzug der Besatzungsmacht, in Gestalt eines Volksfestes statt. Nach einem Besuch von Ausschussvertretern des Ateliers Fritz Behns in München, bei dem das fertige Denkmal, eine trauernde Mutter mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß aus Muschelkalk, besichtigt wurde, beschloss der Denkmalausschuss im Juni 1926 den Auftrag entsprechend zu vergeben. Der Sockel und das Fundament sollte in Viersen gefertigt werden. Entgegen der ursprünglichen Gestaltung wurde nach Protesten aus der Bürgerschaft der nackte Sohn mit einem Lendenschurz versehen. Am 09. August 1926 fand dann, wiederum im Rahmen eines umfangreichen Programms mit Platzkonzerten, Festzug und Fackelsternlauf die feierliche Enthüllung des Kriegerdenkmals statt.

Beschreibung
Auf einem zweistufigen Unterbau aus Muschelkalk erhebt sich ein mehrfach abgetreppter Sockel desselben Materials. Dieser Sockel trägt die Figurengruppe, die ebenfalls aus Muschelkalk hergestellt ist. In überlebensgroßer Ausführung, etwa 4,00 m hoch, ist eine trauernde Mutter, die einen toten Soldaten, ihren Sohn, auf dem Schoß hält, dargestellt. Die Frau trägt ein langes Gewand. Ihr Kopf wird von einem Schleier bedeckt, der aus einem feinkörnigen Muschelkalk verlängert wird und den ursprünglichen nackten Soldaten bedeckt. Der Sohn liegt zurückgebogen, Kopf und Arme fallen nach hinten, auf dem Schoß der Mutter. Seine rechte Hand umklammert ein zerbrochenes Schwert. Die Figurengruppe, der traditionellen Pietà-Darstellung nachempfunden, ist streng frontal ausgerichtet. Die strenge Linienführung wird durch nur sparsam angewandte Gewandfalten und die nur grob angedeuteten Gesichtszüge unterstrichen.

Auf der Vorderseite des Sockels stehen lediglich zwei Worte:

F Ü R S V A T E R L A N D

Auf der Rückseite befinden sich die Jahreszahlen

1914 - 1918

Ferner sind die beiden zum Denkmal gehörenden Sitzbänke anzuführen, die rechts und links davorgeordnet sind. Eine Sitzplatte wird von jeweils drei niedrigen, geschwungenen Stützen getragen. Auch diese Bauelemente sind aus Muschelkalk hergestellt.

Fritz Behn entstammte einer Lübecker Patrizierfamilie. 1878 in Klein-Grabow/Mecklenburg auf dem Landgut der Familie geboren, wuchs er in Lübeck auf. Von 1898 bis 1900 studierte er in München Bildhauerei bei Wilhelm von Rümann. Ab 1907 bereiste er mehrfach Afrika und Südamerika, teilweise lebte er dort. In den frühen 20er Jahren arbeitete er als freier Künstler in Scharnitz/Tirol. Ab 1925 lehrte er an der Kunstakademie München, von 1936 bis 1946 war er Professor an der Wiener Akademie. Danach betrieb er eine eigene Bildhauerschule in Ehrwald/Tirol, um schließlich 1951 nach München zurückzukehren, wo er 1970 starb.

Fritz Behn ist mit seinen eigenständigen Beiträgen im Bereich der figürlichen Darstellung und der Kleinplastik mit Beginn der 20er Jahren hervorgetreten. Insbesondere seine Tierplastiken (z.B. Bremer Kolonialdenkmal) und Portraits (z.B. Rainer Maria Rilke, Gerhard Hauptmann, Maria Callas, Ricarda Huch, Albert Schweitzer, Theodor Heuss, Pius XII.) genossen internationalen Ruf. Er zeigte "großzügige" Bilder verbunden mit einer außergewöhnlichen handwerklichen Perfektion. Seit Beginn des 1. Weltkrieges vertrat er z.T. antidemokratische und antinationalistische Positionen, was sich in seinem Werk seit Ende der 20 Jahre deutlich ausdrückte. Auch seine widersprüchliche Haltung in der NS-Zeit führten seit den 70er Jahren zur kritischen Betrachtung und zurückgehender Anerkennung seiner Werke. Heute hat sich demgegenüber eine positivere Würdigung seines Beitrags zur figürlichen Plastik im 20. Jahrhundert durchgesetzt.

Das Kriegerdenkmal ist in dieser Ausführung ein typisches Beispiel seiner Zeit, in der Ehrenmale als Sinnbilder für Opfermut und Heldentum sowie als Appell, alles "für das Vaterland" zu geben, verstanden werden. Nach der französischen Revolution und den Befreiungskriegen wurde der Krieg durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht demokratisiert und die soziale Stellung der Soldaten deutlich gesteigert. Ein Kriegerdenkmal soll die Angehörigen trösten, dem Tod einen Sinn verleihen und die Überlebenden auf das Vorbild der Opfer verpflichten. Die gehaltenen Reden zur Grundsteinlegung und Enthüllung des Viersener Kriegerdenkmals spiegeln den Zeitgeist wider. Dennoch handelt sich um ein betont unheroisches Denkmal, das Trauer und Leid in den Mittelpunkt stellt, indem es eine toten Soldaten und eine trauernde Mutter zeigt. Damit steht das Viersener Denkmal im deutlichen Gegensatz zur schon damals nicht unüblichen und vor allem 10 Jahre später normalen Heldendarstellung wie z.B. der "Siegfried" von Willi Meller in Dülken.

Das gewählte Motiv der Pietà war eine der beliebtesten Darstellungen für Kriegerdenkmäler. Entnommen aus der christlichen Ikonographie stellt sie ein vertrautes Bild dar, erfährt aber einen neuen Kontext. Die Pietà wird verweltlich und zur Mutter-Sohn-Gruppe verändert. Insbesondere der Schmerz der trauernden Mutter um ihren geliebten Sohn wird thematisiert. Bürgerliche und christliche Wertvorstellungen finden zusammen. Es stellt den "Versuch einer moralischen Bewältigung des Krieges dar, den die Überlebenden im Denkmal geleistet zu haben glauben".

Das Kriegerdenkmal ist, bei aller Distanz aus heutiger Sicht zum Inhalt, ein qualitätsvolles Monument eines überregional bekannten Künstlers, der ein klassisches Motiv der Kunstgeschichte, die Pietà, für einen neuen Symbolgehalt abwandelte. Aus wissenschaftlichen, insbesondere lokalhistorischen und künstlerischen Gründen stehen Erhaltung und Nutzung des Kriegerdenkmals gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz im öffentlichen Interesse.
aushttp://www.viersen.de/C125704A0030C552/html/C9C5AABF33547A67C1257100005A56AC?OpenDocument